Weitere „Einblicke“ im Raum B1 in Utting werden gewährt. Durch die Schaufenster zu sehen: Die Nekrographien von Gregor Netzer – „Eigentlich geht es immer um den Respekt vor dem Viech“
Essen gehört zu den Grundbedürfnissen unseres Lebens und damit auch zu jeder Kultur. In Netzers Nekrographien geht es um den Respekt vor den Lebensmitteln. Er will uns ihr Wesen und ihre Schönheit zeigen – etwas, was wir in unserer Gesellschaft nur allzu oft als etwas rein Profanes ansehen.
In der direkten Übertragungen auf das Bildmaterial kommen uns diese toten Tiere in ihrer Präsenz dabei unglaublich nahe. Und es bleibt nicht viel Zeit – der Prozess des Kunstmachens liegt zwischen dem Erlegen und dem Zubereiten und Verzehr. Der Vorgang erinnert an die vera icon der Antike, wie das „Turiner Grabtuch“ oder das „Schweißtuch der Veronika“. Und so stellt sich auch Netzer die Frage, wer dieses Bild eigentlich geschaffen hat: Der Künstler oder das dargestellte Tier?
Die Nekrographien entstehen in einem direkten Abdruckverfahren vom toten Tier, vom Fisch bis hin zur ausgewachsenen Wildsau. Das Trägermaterial ist Wenzu-Papier, gedruckt wird mit Graphit. Wichtig ist hierbei, dass das Tier nur mit dem Papier in Berührung kommt und nach dem Kunst-Prozess komplett verwertet wird, von der Nase bis zur Zehenspitze.
Gregor Netzer, geboren 1965 in München, aufgewachsen in der billigen Vorstadt, lebt in Landsberg am Lech.
Gearbeitet und gelebt als Buchhändler, Autor von Trash-Literatur, Lektor, Koch, Verleger, Handelsvertreter, Filou, Punk, Kunstorganisator, Küchenhilfe, Komparse, Filmvorführer, Fischer, Kunstschmuggler, Fabrikarbeiter, Schauspieler, Automatenbetreiber, Galerist und Künstler in Deutschland, Frankreich und Italien. Seit Mitte der 10er Jahre macht er ausschließlich Kunst, galeriert oder organisiert Kunst.
Aktuell organisiert er die Ausstellung „Biennale Blau“ für den Herbst in Diessen.
Einblicke: Nekrographien von Gregor Netzer ganztägig vom Sonntag 10. Mai bis einschl. Sonntag 7. Juni 2020