Zeitungsartikel Landsbeger Tagblatt: Katinka Schneweis und Sybille Engels verknüpfen Malerei und Sprache

Sybille Engels (links), Harry Sternberg und Katinka Schneweis vor dem Ausstellungsraum B1 in Utting. Foto: Hertha Grabmaier

Ausstellung im raum B1 in Utting: Wie Sybille Engels und Katinka Schneweis im Corona-Lockdown miteinander kommunizieren.

Von Hertha Grabmaier

Zwei Künstlerinnen trafen sich zufällig, fanden sich sympathisch, kamen ins Gespräch, über Kunst versteht sich, dann kam Corona und bremste nicht nur die Kommunikation in der gesamten Kunstwelt komplett aus, sondern auch die persönliche zwischen der Bildenden Künstlerin, Autorin, Musikerin und Kabarettistin Sybille Engels und der freischaffenden Künstlerin Katinka Schneweis, die nach einer Schreinerlehre Kunstpädagogik studierte und sich dann an der Akademie der Bildenden Künste weiterbildete.

Letztere dachte sich die geniale Fortsetzung eines interessanten Dialogs in digitaler Form aus, die ihrer beiden fliegenden Gedanken in einem kreativen Austausch von Malerei und Sprache täglich miteinander verband.

200 Blätter in Bild und Schrift sind entstanden

Die so entstandenen 200 Blätter in Bild und Schrift sind das Ergebnis einer Art großes Homeoffice. Zu sehen sind 40 davon als „Funkenflüge“ in den Fenstern und wie zufällig am Boden verstreut im raum B1, der ehemaligen Touristeninformation neben dem Uttinger Bahnhof, die Harry Sternberg in einen Kunstraum verwandelte.

Die Hängung der in Aquarell und Öl gemalten Szenen mittels Klammern an Wäscheleinen, wirkt luftig, leicht, locker, die Arbeiten sind im Wechsel stimmig aneinandergereiht. Katinka Schneweis abstrahiert Motive und hält Empfindungen in schemenhaften Umrissen fest, die sich wunderbar in Sybille Engels’ figurative, dynamische Kompositionen einreihen.

Trotz allem gibt es doch noch viel Gutes

Das Zusammenfügen der inneren Bilder zwischen Gegenstand und Abstraktion ließ in der Corona-Realität eine fokussierte, kreative Zusammenarbeit entstehen, „einen bildgewordenen Beweis, dass es trotz allem doch viel Gutes gibt, Verbindung, Respekt, Toleranz, Freiheit“, wie es Sybille Engels formulierte.

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In ihren Texten steckt brillante Wortkunst, so schrieb sie zum „Höllensturz“ an die „liebe Frau Schneweis“ unter anderem, „mit ausgebreiteten Armen stürzen Manschkerln vom oberen Bildrand, aber es wirkt, als seien sie mit dem Stürzen ganz einverstanden – als würden sie sich sogar mit einem gewissen Genuss fallen lassen…“.

Oft kommt es auf Nuancen der Betonung an

Eine einsame Sängerin mit Yeti-Füßen, „die schön von Sehnsucht singt und nicht von Verzweiflung“, so ihre Gestalterin Sybille Engels, lässt die Betrachtenden jedoch das Fehlen eines Gegenübers spüren, das sowohl für die eine, als auch die andere Seite überlebensnotwendig ist. Dieses Gegenüber haben die beiden Künstlerinnen mit ihrem schöpferischen Austausch, bei dem die Funken sprühten, hergestellt.

Die weiße Ruine „Babylon“ von Katinka Schneweis erzeugt eher Aufbruchs- als Untergangsstimmung. Mit ihrer Arbeit „Was für ein Arsch“ wollte sie die feinen Nuancen in der Betonung aufzeigen, wenn Mann oder Frau so einen Spruch von sich geben.

Die Midissage ist um fünf Tage verschoben

Es ist Genuss, Freude und Hoffnung zugleich, sich auf die einzigartigen Bilder und Texte einzulassen. Das Highlight mit Musik von Engels und Magneten, das als Midissage für Sonntag, 8. August, geplant war, wird wegen der schlechten Wetterprognose auf Freitag, 13. August, um 18 Uhr verschoben.

Einblicke in „Funkenflüge“ gibt es bis zum 15. August beim raum B1, am Bahnhofsplatz 1 in Utting. Die Ausstellung ist ganztägig von außen einsehbar.

https://www.augsburger-allgemeine.de/landsberg/Utting-Utting-Katinka-Schneweis-und-Sybille-Engels-verknuepfen-Malerei-und-Sprache-id60284296.html

opposites & dialogues

Thorsten Fuhrmann und Harry Sternberg fotografieren; sie fotografieren manchmal ähnliche Motive. Der Blick für alltägliches, für leicht zu übersehendes ist beiden zu eigen.

Was haben ein vergessenes Fahrradschloss und ein Seil um einen Baum geschlungen gemeinsam, was eine schwarze Klinker- und eine rote Backsteinwand?

Die Antworten darauf sind in ihrer gemeinsamen Publikation „opposites and dialogues“ zu sehen. Die beiden Künstler haben 60 Bilder gegenübergestellt, ohne Erklärungen und ohne die jeweilige Autorenschaft anzugeben.

Es entspricht ihrer Arbeitsweise, dass das Buch zwei Anfänge, aber kein Ende hat.

so-VIELE.de Heft 73
ISBN 978-3-946803-86-7
icon Verlag Hubert Kretschmer, München 2021
Auflage: 750 Exemplare
VK-Preis: 3.- €

https://www.so-viele.de/hefte/heft73.html

Thorsten Fuhrmann, Künstler und Kurator, lebt in Huglfing.
kunstimoberland@gmail.com

Harry Sternberg, Künstler und Kurator, lebt in Utting.
raumb1@web.de

Nominierung Tassilo-Kulturpreis 2021

Artikel von Katja Sebald, Süddeutsche Zeitung vom 06. April 2021

Süddeutsche Zeitung – Starnberg R7, Dienstag 6. April 2021

Heimat finden durch die Kunst

In seinem „Raum B1“ zeigt Harry Sternberg immer wieder Geschichten von Aufbruch und Ankommen in Utting

Von Katja Sebald, Utting

Die Eltern von Harry Sternberg waren Heimatvertriebene aus Schlesien, er selbst kam 1953 in Niederbayern zur Welt. Und doch fühlte auch er sich viele Jahre seines Lebens entwurzelt. Angekommen ist Sternberg erst, seit er mit seiner zweiten Frau in Utting am Ammersee lebt. Zur Erforschung von heimatgeschichtlichen Themen habe er vor allem wegen seiner eigenen Heimatlosigkeit gefunden, sagt er rückblickend.

Harry Sternberg, für den Tassilo-Kulturpreis nominiert, wuchs auf einem abgelegenen Bauernhof bei Eggenfelden auf. Weil er ein später Nachzügler in der Familie war, hatte er keinen Kontakt zu anderen Kindern. Auch in der Schule blieb er ein Einzelgänger, er war schüchtern und hatte schlechte Noten. Sein einziges Glück war eine Kamera, die ihm sein Vater schenkte. Er brach die Schule ab, kam als Fünfzehnjähriger ganz allein nach München, machte eine Ausbildung und wohnte in einem Lehrlingsheim. Das Abitur holte er auf dem zweiten Bildungsweg nach, es folgten ein Ingenieurstudium und dann viele Berufsjahre im Bereich Energieberatung und -management. In den 1990er Jahren, nachdem er an den Ammersee gezogen war, fing er wieder an zu fotografieren. Bald darauf absolvierte er ein Fernstudium Fotografie an der Neuen Kunstschule Zürich.

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Presseartikel: pin up poesie -Endlich Zeit für Staubflusen

Artikel von Susanne Greiner Kreisbote Landsberg am Lech vom 07. April 2021

Der raumB1 in Utting und seine pin up Poesie

Kreisbote Landsberg von Susanne Greiber, Erstellt: 06.04.2021, 15:00 Uhr

Harry Sternberg raumB1
Harry Sternberg auf der himmelblauen Bank vor seinem raumB1 am Uttinger Bahnhof. Hinter ihm sammelt sich Pin up Poesie unterschiedlichster Form. © ks

Utting – Ein Kasten mit Papier hängt an der Wand: „Zettel für Gedanken, Gedichte, Poesie“ steht drauf. Daneben wartet ein kleiner Briefkasten auf Eingaben, „Zettel pin up poesie“ steht da drauf. Und schließlich liegt ein Kugelschreiber parat, mit Hanfschnur am Briefkasten angebunden. Seit drei Wochen haben die Menschen bei Harry Sternbergs raumB1 am See in Utting die Möglichkeit, ihre Worte oder auch die anderer auf Papier zu bringen und an der Holzwand vor dem Eingang aufzuhängen. Inzwischen ist dort ein Wörter-Meer entstanden. Mit wahrer Poesie oder auch Zeugnissen des ganz banalen Alltags.

„Dank Lockdown endlich Zeit für: Staubflusen.“ Leni Gwinner dichtet über diese eine Staubfluse, die am Lampenschirm wabert, eine „Galaxie aus Brokatfasern, Blütenpollen, Silberfischchenschuppen und Weberknechtpuder“. Diese Kunst der Beobachtung übersetzt in Worte steht an der Pin-up-Poesie-Wand direkt neben banalem Alltag: „Komm zu mir, wenn du kein Longpaper hast“, fordert ein Zettel auf. Dessen Überschrift „86 zu der 938“ lässt allerdings gleich wieder das Gedankenrädchen im Hirn anspringen: Wer ist 86? Und warum hat 938 drei Buchstaben? Ganz oben hängt kein Papier, sondern eine OP-Maske. Auf der steht „War nix?“, mit schwarzem Filzer in Versalien geschrieben. Sie ist der Ursprung aller Dinge – zumindest der Pin up Poesie bei Harry Sternbergs raumB1.

„Die Maske hing eines Tages da an der Wand“, erzählt der Uttinger Künstler. Das habe ihn zu der Idee animiert. Damit der Stein ins Rollen kam, schrieb er auch all seine Bekannten an, ob sie nicht ein paar Worte an der Wand hinterlassen wollten. „Da kamen viele Sachen zurück“, sagt Sternberg. Einige per E-Mail, per Post, andere kamen selbst am roten Häuschen unter der Pinie vorbei und warfen ihre handschriftlich festgehaltenen Gedanken in Versen, Epen, Haikus oder auch Wortfetzen in die Zettelbox. Sternberg kennt viele der Dichter an der Wand, kann ihre Worte mit ihrer Person verbinden. Auch eine Art von Besuch in Zeiten, in denen Besuch nicht immer einfach ist. Sein Lieblingsgedicht stammt von seinem über 80-jährigen Freund Dieter Finzel, „Sekunde“. Die Schreibmaschinenlettern korrigiert, manche ausgeixt. Am oberen rechten Rand steht „Gruß für Harry!“.

„Am Anfang war es noch etwas träge, wohl das schlechte Wetter. Aber das wird jetzt sicher mehr werden“, sagt Sternberg. Obwohl sehr viel mehr nicht mehr hinpasst. Der Holzuntergrund ist kaum mehr zu sehen. „Momentan schaffe ich immer noch Platz, hänge die Zettel enger. Mal sehen, was ich mache, wenn die Wand wirklich voll ist.“ Wie lange die Aktion läuft, weiß Sternberg nicht. Er ist da offen, generell eher planungswiderständig. Danach entsteht daraus eventuell ein Buch. Oder eine Lesung? Mal sehen.

Ein konkretes Datum gibt es aber: Im August widmet Sternberg den Jugendlichen sein ‚Haus‘. Drei bis vier Kunststudenten bekommen von ihm den Schlüssel. „Die dürfen den Raum dann bespielen, wie sie wollen.“ Ganz ohne Vorgaben.

Die Gemeinde wisse seine Arbeit zu schätzen, sagt der Künstler, der keine zwei Minuten entfernt lebt. Demnächst werde gestrichen, der Kasten an der Wand macht Platz fürs raumB1-Logo, der Vertrag wird verlängert. Die drei Jahre mit dem raumB1 haben nicht nur das Gebäude verändert. Auch Sternberg. Er sei jetzt viel geselliger.

Der Reiz der Möglichkeit

Für Sternberg ist der raumB1 ein Glückstreffer. Eine Plattform der Möglichkeiten, Variationen, Platz für Kunst – mit den großen Schaufenstern auch gerade jetzt – , Musik, Feiern, Essen. Oder ein Ort zum Seele-baumeln-Lassen, auf der himmelblauen Bank, die vor der Tür steht, vor sich ein Fleckchen Gras, auf dem Sternberg immer mal wieder versucht, eine Blumenwiese anzusäen. Auch dazu sagt er „mal sehen“ und lächelt.

Der Ort scheint eben Inbegriff der Möglichkeit zu sein. „Außerdem hat man hier alles“, sagt Sternberg: die Pinie und den See für die Sehnsucht nach der Ferne, ein Dach über dem Kopf, nette Nachbarn W-Lan-Hotspot und Car-Sharing-Schlüsselkasten, ein Briefkasten steht am Eingang, daneben eine Telefonzelle – die gibt es tatsächlich noch – und ein Mülleimer. Da will Sternberg die Gemeinde mal um einen Flaschenhalter bitten, damit die Menschen, die Flaschen sammeln, nicht immer im Müll wühlen müssen. Demnächst kommt der soziale Kühlschrank noch neben die Eingangstür – für Essen ist also auch gesorgt. Und zu guter Letzt ist da noch der Bahnhof. „Von hier direkt nach Augsburg“, denkt sich Sternberg. „Und von da dann nach Paris.“ Mal sehen.
ks

Pinnwand „pin up poesie“

Artikel aus der Süddeutsche Zeitung, Starnberg , 13./14. März 2021
Alles aus den Fugen – (sueddeutsche.de)

40 Autor*Innen mit fast 60 Beiträgen:
6 Anonymus, Meike von Arndt, Felizitas Arneth, Stephan Bastian, Doris Berlein, Bettine Braun, Kathleen Canady, Derwin Degmair, Jo Fahl, Dieter Finzel, Katalin Fischer, Annunciata Foresti, Thorsten Fuhrmann, Bjarne Geiges, Jürgen Ghebrezgiabiher, Joachim Gneist (Hermann Hesse), Leni Gwinner, Christiane Herold, Susanne Kohler, Christoph Kronast, Stephanie Loeben-Sprengel, Carola Martens-Wollmann, Jenny Mues, Anna Münkel, Marlen Peix, Frederik Riedel, Birgit Roschach, Karin Schreiber, Heike Schreiner, Harry Sternberg, SWAG, Iris Utermöller, Stefan Wehmeier, Thomas Wiedling, Vincent (erwa.one)

Einblicke – Arbeiten von Trine Pesch & Carmen Kubitz

FÜRCHTE DICH NICHT ICH BIN BEI DIR
TRINE PESCH

So wie eine Vogelmutter breitet ein vertrauenswürdiges Wesen, vielleicht in Gestalt eines Engels,  einen Flügel über uns aus.

Er tritt plastisch aus dem Bild heraus. Seine Beschaffenheit aus Wolle, Seide und Hanf lässt erahnen, wie es sich anfühlt, beschützt zu sein.

Auch die Wörter auf der linken Seite des Bildes wollen erfühlt werden, da sie als Brailleschrift, einer Blindenschrift, erscheinen. Diese Worte erschließen sich nicht einem kurzen Blick mit den von Worthülsen überschwemmten Augen. Sie wollen ertastet und begriffen werden.

FÜRCHTE
DICH
NICHT
ICH
BIN
BEI
DIR

Das Filzrelief erzählt die Geschichte einer barmherzigen Begegnung.

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TRANSFORMATION
CARMEN KUBITZ


Wasser – von Quelle bis Mündung zeigt es sich in tausendundeiner Form. Vom Ursprung zum Ziel bleibt es sich selbst treu, fließt zielgerichtet, unaufhaltsam, mit sanfter Kraft. Sein Lauf verändert sich, zeigt sich immer wieder neu, Hindernisse umfließend, Widerstände überwindend in nie endender Kraft, mit mutiger Entschlossenheit.

Beim Sturz in Tiefe zeigen sich neue, immer wechselnde Bilder
(“Engelsflügel”).
Hauchdünne, zerbrechliche Eisschicht, Trennung und Verschmelzen, Ausdruck der tiefen Kraft (“Deep Blue, Breaking the Ice”).

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Raum B1, Bahnhofplatz 1 in Utting 

Die Ausstellung beginnt am Mittwoch, 23. November 2020 mit ersten Einblicken

Weitere Einblicke sind jederzeit möglich, vom 24. Dezember 2020 bis einschl. Sonntag 17. Januar 2021

Foto: Carmen Kubitz, „Engelsflügel“
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Geweih neu inszeniert

Die Objektkünstlerin Matilde Reymendt gibt toten Gegenständen wie Schweinefüßen und Geweihen postum Würde zurück. Ausstellung im B1

Ammersee Kurier, Freitag 6. März 2020

VON DAGMAR KÜBLER

Utting – Die Objektkünstlerin Matilde Reymendt gibt toten Gegenständen wie Schweinefüße und Geweihen postum Würde zurück – Ausstellung im B1. 30 Jahre waren die Landsbergerin Matilde Reymendt und ihre Objektkunst in München ,,im Exil“, nun ist Reymendt alias ,,mariamaggdalena“ wieder in die Heimat zurückgekehrt und stellt erstmals in einer Einzelausstellung im B1 in Utting aus.

Einen Anklang an Heimat scheinen im ersten Moment die Geweihe zu geben, die Hauptdarsteller der ,,Auf ewig Geweiht” betitelten Ausstellung, findet man sie landläufig doch häufig an Gartenhütten, in traditionellen Wirtschaften neben Schießscheiben oder als Kleiderhaken, verdeckt vom Lodenmantel. Den hat Reymendt entfernt mitsamt dem üblichen Klischee der Jagdtrophäe. Sie hat das Geweih neu und ungewöhnlich inszeniert, mit Dingen, die man eben so findet und die man brauchen kann, wie Reymendt sagt.

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