„Die Geschichte vom Brechts Landhaus in Utting“
Eröffnung: Donnerstag 16. Juni 2022 um 18 Uhr
Lesung: Friedrich Schloffer
Musik: Sybille Engels & Jank Jankovic
Ausstellungsdauer 16. Juni bis 10. Juli 2022
Öffnungszeiten: Sa. und So. von 14 bis 18 Uhr
Raum B1, Bahnhofplatz 1 in Utting
Das Zustandekommen der Ausstellung
In Zusammenarbeit mit Margret Brademann, der ehemaligen Leiterin vom Brecht-Weigel-Haus in Buckow bei Berlin, wird diese Ausstellung über die Geschichte zu Brechts Landhaus in Utting für den Raum B1 konzipiert und gezeigt.
Grundlage ist die Ausstellung von 2016 im Brecht-Weigel-Haus mit dem sogenannten „Utting-Konvolut“ mit einigen der 100 Blätter einer Korrespondenz. In dieser fast vollständigen Korrespondenz zwischen Bert Brecht, Walter Brecht und Lisbeth, Theo Lingen, Marianne Zoff-Lingen und Justizrat Adolf Deiler wird gezeigt, wie die Brecht-Familie das erste Landhaus Bert Brechts in Utting der Nazijustiz trickreich abgerungen hat. Dr. Werner Hecht, ein Theater und Literaturwissenschaftler,verstorben 2017 in Berlin, hat das Konvolut entdeckt und nach Buckow gebracht, so dass es dort gezeigt werden konnte. Er hat die Ausstellung in Buckow am 16. Juli 2016 eröffnet.
In der Ausstellung hier im B1 wird mit Kopien der Briefe aus dem „Utting-Konvolut“ über dieses Schelmenstück gezeigt, wie die Familie Brecht das Landhaus in Utting behalten konnte. In Fotografien aus dem Bert-Brecht-Archiv der Akademie der Künste in Berlin werden die Protagonisten gezeigt.
Die Protagonisten bei der Geschichte sind
Bert Brecht Rufname Eugen
sein Vater Berthold Friedrich Brecht
sein Bruder Walter Brecht mit Ehefrau Lisbeth Brecht genannt Li
Bert Brechts erste Ehefrau Marianne Zoff und Tochter Hanne Hiob
Theo Lingen der 2. Ehemann von Marianne Zoff
und Adolf Deiler ein befreundeter Justizrat aus Augsburg
Das Schelmenstück um Bert Brechts Landhaus
Der Dramatiker, Librettist und Lyriker Bert Brecht wird 1898 in Augsburg geboren wo er auch seine Kindheit verbringt. 1917 macht er während des 1. Weltkriegs ein Notabitur und studiert anschließend Medizin, Philosophie und Literatur an der Universität München.
Er verliebt sich als junger Mann in Paula Bannholzer die dann auch gleich von ihm schwanger wird. Brecht will sie heiraten doch die Eltern von Paula lehnen dies ab, sehen in ihm einen jungen Flegel ohne Zukunft. Im Juli 1919 kommt Sohn Frank zur Welt. Die Beziehung zu Bi wie Brecht sie nennt dauert insgesamt sieben Jahre.
In dieser Zeit hat er ein Verhältnis mit der Wiener Opernsängerin Marianne Zoff, die Brecht im November 1922 heiratet. Tochter Hanne die spätere Hanne Hiob, wird 1923 geboren. Bald darauf wird auch Helene Weigel von ihm schwanger, Sohn Stefan kommt 1924 zur Welt. Fünf Jahre nach der Heirat mit Marianne Zoffkommt es 1927 wegen beidseitigen Verschuldens zur Scheidung.
Die Charakterdarstellerin Helene Weigel eine Schauspielerin aus Wien, heiratet Brecht im April 1929 nach dem sie schon im Jahr 1926 mit Sohn Stefan nach Berlin gezogen sind. Ihr zweites Kind, die Tochter Barbara kommt 1930 in Berlin zur Welt.
Brecht unterhält immer wieder Liebschaften zu seinen engen Mitarbeiterinnen wie zu Elisabeth Hauptmann, Margarete Steffin und Ruth Berlau.
Margarete Steffin war es auch die mit Brecht für kurze Zeit bis September 1932 das Landhaus in Utting bewohnt.
Bert Brecht zog es immer wieder an den Ammersee bis zu seiner Flucht 1933 und der späteren Ausbürgerung.
Schon in den frühen Jahren um 1920 verbringt Bert Brecht mit seinem Vater und auch mit Paula Bannholzer genannt Bi die Sommerfrische am Ammersee.
Die Pension Thalmeier in Utting in der Seestraße 10 ist von 13. Juli bis 5. August 1928 der Ort wo Bert Brecht vermutlich mit Kurt Weill die letzten Szenen der Dreigroschenoper überarbeiten. Auch in den folgenden Jahren als er schon ein erfolgreicher Bühnenautor ist zieht es ihn an den Ammersee.
So wohnt er im Sommer der Jahre 1929 und 1930 mit seiner 2. Ehefrau der Schauspielerin Helene Weigel und den Kindern in Schondorf in einem Haus direkt am See.
Im August 1932 kauft sich Bert Brecht mit dem Geld seines Vaters Bertold Friedrich Brecht das Landhaus von JosefRitter von Reiß, dem ehemaligen Chef der bayerischen Landespolizei, in Utting, Im Gries.
Schon im Januar 1933 kommt es zur Machtergreifung der Nazis und Bert Brecht flieht mit Helene Weigel und den Kindern Barbara und Stefan über Prag, Wien, Lugano, Paris nach Dänemark ins Exil.
Im Sommer 1933 lässt sich der Vater Brechts von seinem Sohn aus Paris noch eine undatierte Vollmacht ausstellen, der zufolge er berechtigt ist, „alle Verfügungen über das dem Vollmachtgeber gehörige Grundstück“ zu treffen. Die Vollmacht ermächtigt ihn auch zur Aufnahme von Hypotheken.
Am achten Juni 1935 wird Brecht vom Reichsminister des lnnern Wilhelm Frick ausgebürgert. In der Begründung heißt es unter anderem: „Die Machwerke, in denen er unter anderem den deutschen Frontsoldaten beschimpft, zeugen von niedrigster Gesinnung.“ Somit verliert er alle Rechte auf Eigentum und Erbe, auch auf das 1932 gekaufte Landhaus in Utting.
Schwierig wird es als sein Vater im August 1939 stirbt. Alleinerbe ist nun Bert Brechts Bruder Walter, der aber keine Vollmachten über das Haus besitzt und somit kann er es auch nicht verkaufen. Es droht die Wegnahme des Hauses durch die Nationalsozialisten.
Nun versucht die Familie Brecht mit allen Mitteln das Haus in Ihrem Besitz zu behalten. Walter Brecht schaltet dazu auch Theo Lingen ein.
Es gelingt auch den befreundeten Justizrat der Familie Adolf Deiler aus Augsburg sich von den Nazibehörden als Verwalter des Hauses benennen zu lassen.
Der Charakterdarsteller Theo Lingen, eigentlicher Name: Franz Theodor Schmitz der Ehemann von Brechts erster Ehefrau Marianne Zoff ist der Stiefvater der 1923 geborenen Hanne Brecht. Er will sie, ebenso wie ihre Mutter Marianne, adoptieren, weil sie dadurch besser vor den Nazis geschützt wird. Hanne besteht jedoch auf ihrem Familiennamen Brecht.
Mit Theo Lingens Hilfe wird nun versucht mit dem Geld aus dem Erbe von Hanne, ihrem Pflichtanteil von Bert Brechts Vater, das Landhaus in Utting zu kaufen. Nachdem Hanne noch nicht volljährig war wird ihre Mutter Marianne Zoff-Lingen als „Pflegerin“ der Tochter eingesetzt.
Dem Verwalter Dr. Adolf Deiler wird es schließlich möglich gemacht das Landhaus am Ammersee an Hanne Brecht zu veräußern. Mit dem Hauskauf von Hanne Brecht behält die Familie das Landhaus in Utting.
Das Landhaus blieb noch bis 1953 im Besitz von Hanne Brecht. Sie übergab das Haus an Dr. Hans Späth, zum Ärger ihrer Halbschwester Barbara Brecht-Schall.
Bert Brecht hat das Landhaus in Utting nie wieder besucht. Sein neues Landhaus war seit 1952 in Buckow am Schermützelsee. Dort verbrachte er mit Helene Weigel bis zu seinem Tod 1956, fernab von Berlin, seine Sommerfrische.
Wie wichtig Brecht das Landhaus in Utting einmal war zeigt ein Gedicht aus Bert Brecht: „Zeit meines Reichtums“.